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Protest - Parteienschelte - Politikverdrossenheit: Politikkritik in der Demokratie

Catégorie
Date
Jeu, 05/07/2015 - sam, 05/09/2015
Date limite d'inscription

Arbeitstagung der AG ‚Sprache in der Politik‘
Universität Trier
7. bis 9. Mai 2015
„Protest – Parteienschelte – Politikverdrossenheit: Politikkritik in der Demokratie“
call for papers

Das Erstarken populistischer und rechtsextremer Parteien im Vorfeld der diesjährigen Europawahl macht wieder einmal bewusst, dass die Unzufriedenheit mit der parlamentarischen Demokratie westlichen Musters weit verbreitet ist. Diese wird im öffentlichen Diskurs bereits seit langem – und auch mit historischen Vorläufern z.B. in der Weimarer Republik – artikuliert, wie z.B. auch an der Kür des Wortes „Politikverdrossenheit“ zum „Wort des Jahres 1992“ deutlich wird. Sie hat vielfältige Formen einer Gegenöffentlichkeit geschaffen, die sich in kollektiven Formen von Protest, Parteienschelte und der Gründung von Anti-Parteien-Parteien ausdrückt.
Politikkritik in der Demokratie setzt die Existenz bestimmter demokratischer Werte voraus. Diese Werte sind u.a. Partizipation und Öffentlichkeit, politische Mündigkeit und Kritikfähigkeit. Die Legitimitätsgrundlage der parlamentarischen Demokratie ist das Repräsentativitäts- bzw. Delegationsprinzip. Unter Berufung auf die direkte Demokratie wird diese Grundlage in Zweifel gezogen.
Insofern Demokratie wesentlich durch Kommunikation und Argumentation konstituiert und legitimiert ist, fordert Politikkritik einerseits ein Mehr, andererseits ein Weniger dieser kommunikativen Aushandlung von Entscheidungen. Gegenstand von Politikkritik sind z.B. Responsivitätsdefizite, es wird die Einseitigkeit der Politikvermittlung kritisiert. Andere Verstöße gegen die Werte und Prinzipien eines demokratischen Gemeinwesens, wie „Stimmungsdemokratie“ bzw. Populismus, Symbolpolitik, Ignoranz der politischen Akteure, die Asymmetrie politischer Kommunikation oder Parteiräson als politisches Handlungsmotiv, sind ebenfalls Gegenstand von Politikkritik, die das Überschreiten von Zumutbarkeitsgrenzen beklagt. Eingefordert werden die Beachtung der Prinzipien einer demokratischen Macht- und Kommunikationsethik und symmetrische Formen von Politikvermittlung der politischen Akteure zur Wiederherstellung von Akzeptanz. Andererseits aber wird in populistischen Bewegungen auch ein Zuviel an Debatte und kommunikativer Aushandlung kritisiert.

Die Tagung soll Politikkritik aus der Perspektive ‚Sprache und Politik‘ unter die Lupe nehmen. An folgende Dimensionen ist dabei zu denken:

• Historisch
Ist Politikkritik ein Phänomen, das den Parteienstaat, die parlamentarische, von Parteien gesteuerte Demokratie zur Voraussetzung hat, oder ist sie ein generelles, auf die Herrschaftskonstellation ‚Regieren – Regiertwerden‘ zurückzuführendes Phänomen? Welche Rollen spielen Öffentlichkeit und Meinungsfreiheit als Voraussetzung für Politikkritik?
• Medial
Verändert sich das Phänomen (nicht nur quantitativ, sondern auch qualitativ), seitdem die neuen Medien die öffentliche Kommunikation hinsichtlich maximaler Öffentlichkeit und maximaler Teilhabe mitbestimmen ((Chat-)Foren, Twitter-, Facebook-Kommunikation, „shit-storm“ etc.)?
• Geografisch
Lassen sich auf internationaler bzw. globaler Ebene Unterschiede in der Demokratie- und Politikkritik erkennen?
• Lexikalisch
Gibt es ein spezifisches Register zur lexikalisch-semantischen Realisierung von Politikkritik?
• Stilistisch
Welche Kommunikationsstile kennzeichnen Politikkritik?

• Argumentativ
Gibt es Politikkritik kennzeichnende Argumentationsmuster, -modi oder -standards („die da oben/wir hier unten“)?
• Mentalitätsgeschichtlich
Wie ist Politikkritik als Haltung/Einstellung/Attitüde im Sinn einer demokratiebezogenen sprachlichen Mentalitätsgeschichte hinsichtlich der sprachlichen Manifestationen dieser Haltung zu beschreiben?
• Pragmatisch
Wie lässt sich hinsichtlich des Adressatenbezugs die Mehrfachadressiertheit von Politikkritik beschreiben und wie stellt sich die Situativität von Politikkritik dar?
• Diskursbezogen
Welche Agonalitätseffekte sind evident und welche Struktur hat der Kampf um Diskurshoheit?

Bitte schicken Sie Ihr abstract, das nicht mehr als 1200 Zeichen umfassen sollte, bis zum 30. September 2014 an:

wengeler@uni-trier.de oder kaemper@ids-mannheim.de

Organizer
Institution
Arbeitsgemeinschaft Sprache in der Politik e.V.
RWTH Aachen University
Institut für Sprach- und Kommunikationswissenschaft
Lehr- und Forschungsgebiet Germanistische Sprachwissenschaft
Eilfschornsteinstr. 15
52062 Aachen
Personne à contacter
Heidrun Kämper und Martin Wengeler
Réseau
Arbeitsgemeinschaft Sprache in der Politik