Switch Language

Politische Soziologie transnationaler Felder

Kategorie
Datum
Do., 04/23/2015 - Fr., 04/24/2015
Anmeldeschluss
Dr. Christian Schmidt-Wellenburg
Universität Potsdam
Fakultät Wirtschafts- und Sozialwissenschaften
Haus2, Raum 1.09
August-Bebel-Str. 89
14482 Potsdam

Dass Prozesse sozialer Ordnungsbildung weniger als zuvor an den Grenzen von Nationalstaaten halt machen, wird uns tagtäglich u.a. in Debatten über Freihandelsabkommen, das Demo-kratiedefizit der europäischen Politik oder globale zivilgesellschaftliche Proteste vor Augen geführt. Je weiter diese Transnationalisierungen voranschreiten, desto tiefgreifender sind ihre Auswirkungen auf die Reproduktion, Legitimation und politische Bearbeitung von Herr-schaftsverhältnissen. Die Feldanalyse versteht solche Transnationalisierungsprozesse als Er-gebnisse eines Zusammenspiels von Ordnungen unterschiedlichen Zuschnitts und unterschiedlicher Ausdehnung. Anders als konkurrierende Ansätze (wie z.B. der Weltkulturansatz) geht sie nicht von theoretisch motivierten Rahmendeutungen aus, sondern untersucht Entste-hung, Erhalt und Veränderung dieser Ordnungen in materialen Einzelstudien. Diesem Vorge-hen liegt die Annahme zugrunde, dass Transnationalisierung sich in einem spezifischen Kon-text entfalten und als Tendenz durchsetzen muss, um sozial wirksam zu werden.

Das hat Folgen für das Forschungsprogramm: Transnationalisierungsprozesse sind zunächst innerhalb einzelner Felder zu analysieren. In einem weiterführenden theorieorientierten Schritt können dann Gemeinsamkeiten von Entwicklungen im kontrastiven Vergleich bestimmt werden. Aus bisherigen Untersuchungen lassen sich bereits erste Schlüsse im Hinblick auf eine solche feldanalytische Metatheorie der Transnationalisierung ziehen. Beispielsweise zeichnet sich in mehreren Studien zu transnationalen Feldern eine Veränderung im Verhältnis von Akteuren und Feldern ab: In transnationalisierten Kontexten sind Akteure weniger stark an einzelne Positionen in bestimmten Feldern gebunden. Sie bewegen sich häufiger und flexibler über Feldgrenzen hinweg. Zugleich prägen transnationale Felder ihre Akteure weniger massiv als viele nationale Felder. In diesem Sinne sind sie ‚schwächer‘ ausdifferenziert, wenngleich nicht weniger wirkungsvoll. Die veränderte Amalgamierung von Akteuren und Feldern hat weitreichende Folgen, beispielsweise auf die Sozialisation von Akteuren oder die Diffusion von Ideen.
An solchen Forschungen setzt die Tagung der Sektion für Politische Soziologie mit dem Thema „Politische Soziologie transnationaler Felder“ an. Sie will zwei Dimensionen nachspü-ren, die für eine Analyse von Transnationalisierungsprozessen aus Feldperspektive konstitutiv sind. 1) Soziale Ordnungsformen verfügen über verschiedene Arten der Legitimation, die ih-nen Stabilität verschaffen. Deshalb rückt bei der Analyse des Wandels sozialer Ordnungen immer auch die Form ihrer Legitimierung in das Blickfeld. Bezogen auf einzelne transnatio-nale Felder und den Wandel ihrer Ordnungen stellt sich die Frage, wie diese Anerkennung erlangen. Beziehen sie sich auf die symbolischen Ressourcen des Nationalstaats, um der feld-spezifischen Ordnung Geltung und eine relative Autonomie zu verschaffen, oder treten andere Meta-Ordnungskonzepte an die Stelle des Nationalstaats (etwa Region, Netzwerke oder Euro-pa)? 2) Damit einhergehend kann beobachtet werden, welchen Veränderungen nationalstaat-lich strukturierte politische Felder unterworfen sind. Die Veränderungen sind vielfältig und reichen von neuen Konkurrenzen um Gestaltungsansprüche über Umdeutungen von legitimen Wissensquellen bis hin zu Neujustierungen von Karrieren.

Organizer
Sektion Politische Soziologie DGS
Institution
Universität Potsdam
Kontakperson
Dr. Christian Schmidt-Wellenburg, Dr. Stefan Bernhard
Netzwerk
<values><span lang="de"></span></values>