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Der Beitrag der Soziologie zur disziplinübergreifenden Forschung

Kategorie
Datum
Mo., 10/06/2008 - Fr., 10/10/2008
Anmeldeschluss

Call for Papers für die Ad-hoc-Gruppe
Der Beitrag der Soziologie zur disziplinübergreifenden Forschung
auf dem 34. Kongress der DGS 2008 „Unsichere Zeiten. Herausforderungen
gesellschaftlicher Transformationen“ vom 6.-10. Oktober 2008 in Jena
Sonderforschungsbereiche, Networks of Excellence, koordinierte Forschungsprogramme,
Forschergruppen, Exzellenz-Cluster usw. haben Hochkonjunktur in der
Forschungsförderung. Die Prävalenz des Trans- und Interdisziplinären zeigt an, dass und
wie sich gegenwärtig die Anforderungen an die Soziologie unter Bedingungen des
„postdiciplinary age“ verändern und verschärfen. Ganz im Sinne des – vor allem in der
amerikanischen Soziologie propagierten – „dialogical turn“ (Levine) wird die Öffnung der
Soziologie für Kooperation, Austausch und Vermittlung gefordert. Die
Forschungskooperation mit den Kultur-, Geistes-, Ingenieurs- oder Lebenswissenschaften
verlangt von Soziologinnen und Soziologen besondere methodische und theoretische
Haltungen und Beiträge. Bis vor kurzen noch Vertreter einer Leitdisziplin finden sich
Kolleginnen und Kollegen vermehrt vor die Aufgabe gestellt, mit anderen – teils
hegemonialen – Disziplinen ‚gemeinsame Sache zu machen’.
Während über den Bedeutungsverlust der Soziologie und ihre teilweise Abwicklung im
Zusammenhang mit der gegenwärtigen Forschungsförderung und die ihr zugrunde
liegenden Evaluations- und Leistungskriterien im Fach eine kritische Debatte in Gang
gekommen ist (vgl. die Beiträge unter der Rubrik ‚Identität und Interdisziplinarität’ in der
Zeitschrift „Soziologie“), wird über die Anforderungen interdisziplinärer Kooperation und
über die möglichen originär soziologischen Beiträge fachöffentlich bislang noch wenig
diskutiert. Die Ad-hoc-Gruppe rückt eine solche Auseinandersetzung mit den
Leistungsfähigkeiten und Leistungsmöglichkeiten der Soziologie in der
forschungspraktischen Interdisziplinarität in den Mittelpunkt.
In der alltäglichen Forschungsarbeit erscheint Interdisziplinarität zunächst als andauernder
Prozess disziplinärer Grenzziehungen und -überschreitungen. Dabei kann sich die
geforderte Dialogfähigkeit der Soziologie in unterschiedlichen Haltungen manifestieren:
Soziologie kann den Rahmen stellen, der es erlaubt, Beiträge verschiedener Disziplinen zu
gleichen Problemen derselben Welt auszutauschen. Sie kann angesichts verschiedener
disziplinärer – thematischer wie methodischer – Zugriffe und Resultate eine konzeptionelle
Vergleichbarkeit und deren Grenzen aufweisen. Soziologie kann sich als die
Reflexionsdisziplin des interdisziplinären Verbundes stilisieren und die – teils
unvereinbaren, teils spannungsreichen – begrifflichen und methodischen Zugriffe
rekapitulieren. Soziologie kann in kritischer Absicht die Machtbalancen und
Dominanzverhältnisse eines Verbundes offen legen und auf diese Weise die
Zusammenarbeit irritieren. Alle vier gängigen Varianten vermögen die Dialogfähigkeit der
Soziologie zu beschränken, wo sie diese im Verbund nicht neben, sondern über die
anderen
Disziplinen stellt. Vertreter des „dialogical turn“ fordern deshalb eine
grundlegendere Neuausrichtung der Soziologie, die neben der Konzentration auf
Kernkompetenzen auch die Stärken der anderen Disziplinen ‚anspricht’ und ‚aufnimmt’.
In der Ad-hoc-Gruppe soll versucht werden, die aktuellen Herausforderungen der
Interdisziplinarität als „Einladungen zur Soziologie“ anzunehmen. Wie, so fragen wir,
stellen wir uns den Herausforderungen und wie lassen sich originär soziologische
Kompetenzen hierfür zum Einsatz bringen? Welche Kernkompetenzen machen es möglich,
dass die Soziologie als eine Disziplin neben anderen ihre spezifischen, wichtigen,
unabdingbaren Beiträge leistet? Gängige Antworten betonen die Methodenkompetenz, die
begriffliche Schärfe sowie das kritische Potential. Die Veranstalter betonen den
soziologischen „Modus Operandi“ (Georg Simmel), der die Disziplin um- und antreibt.
Demnach sind die dem Fach eingeschriebenen Spannungen – zwischen Natur und
Gesellschaft, Mikro und Makro, qualitativ und quantitativ, Struktur und Handeln – nicht
etwa auszuhalten oder beizulegen, sondern vielmehr an den Gegenständen jeweils neu zu
artikulieren.
Wir laden insbesondere Beiträge ein, die die Dialogfähigkeit der Soziologie anhand
konkreter Erfahrungen aus Drittmittelprojekten, aus der ‚Gremienarbeit’ wie auch aus
theoretischen Debatten thematisieren und/oder kritisch reflektieren. Wie, so die
Ausgangsfrage, lässt sich die Interdisziplinaritätsfähigkeit der Soziologie unter den
gegenwärtigen Bedingungen der Forschungsförderung begründen, behaupten und
präzisieren? Die Ad-hoc-Gruppe möchte damit eine Debatte über die Neupositionierung
der Soziologie in der veränderten disziplinären Arbeitsteilung anstoßen.

Organizer
Kontakperson
Thomas Scheffer